Wiener Zuckerbäckerei

Süße Verführungen aus dem Wien der Goldenen Zwanzigerjahre

Die Kaffeehäuser im Wien des frühen 20. Jahrhunderts waren das zweite Wohnzimmer für Kunstschaffende, Intellektuelle und Süßspeisen-Liebhaber aller Art. Hier wurde entspannt, diskutiert und vor allem genossen! Inmitten dieses mondänen Flairs verwöhnte die Zuckerbäckerin Therese Schulz die Gäste des ehemaligen Wiener Grand Hotels mit ihrem süßen Handwerk – und hat ihre Rezepte dabei akribisch dokumentiert. Hundert Jahre später finden Familienangehörige diese Aufzeichnungen auf dem Dachboden wieder und geben sie in die kundigen Hände von Rezeptentwicklerin Bernadette Wörndl, die sie in die heutige Zeit übersetzt hat.

Das Ergebnis ist ein einzigartiges Backbuch mit über 75 himmlischen Zuckerbäcker-Rezepten – von Klassikern wie Vanillekipferl und Sachertorte bis hin zu nostalgischen Köstlichkeiten wie Miss-Wanda-Schnitten und Diplomatenpudding. Eine Hommage an die Wiener Zuckerbäckerkunst!

Topfenknödel mit Zwetschkenröster

Ein Teig, der schneller nicht zusammengefügt werden kann und dabei so flaumig, locker und leicht ist, dass die Knödel im Mund schmelzen. Anstelle von Zwetschkenröster passt jeder Röster oder Kompott nach Saison. Statt Knödeln können auch Nockerl geformt werden.

Topfenknödel mit Zwetschkenröster - Rezept für 12 Knödel

FÜR DIE KNÖDEL alle Zutaten mit einem Holzlöffel in einer Schüssel vermengen und etwa 15 Minuten abgedeckt kalt stellen. Anschließend aus dem Teig zwölf Knödel formen und auf einen mit Grieß bestreuten Teller legen.

Einen großen Topf mit Wasser aufsetzen, je ½ TL Salz und Zu-cker dazugeben und zum Kochen bringen. Die Hitze reduzieren und die Knödel vorsichtig ins Wasser gleiten lassen. Zugedeckt bei sehr schwacher Hitze 15–20 Minuten ziehen lassen.

FÜR DIE ZWETSCHKENRÖSTER Die Zwetschken waschen, halbieren, entsteinen und vierteln. Zwetschken, Zucker, Zitronensäure, Gewürze, Wasser und eventuell Rum in einen Topf geben und erhitzen. Unter gelegentlichem Rühren etwa 5 Minuten köcheln lassen, bis sich die Schalen der Zwetschken zusammenrollen. Die Stärke mit etwas kaltem Wasser glattrühren und in den Röster einrühren. 1–2 Minuten dickflüssig einkochen lassen. Zimt und Nelke entfernen, den Röster in die vorbereiteten Gläser füllen und diese sofort fest verschließen. Den Röster auskühlen lassen. Kühl und dunkel gelagert hält sich der Zwetschkenröster bis zu 1 Jahr. Nach dem Öffnen im Kühlschrankaufbewahren und innerhalb einiger Tage aufbrauchen.

FÜR DIE BRÖSEL Semmelbrösel, Zucker, Zimt und Butter in einer Pfanne goldgelb rösten. Die Knödel mit einem Schaumlöffel aus dem Wasser heben, kurz auf Küchenpapier abtropfen lassen, dann in den Bröseln wälzen. Knödel auf lauwarmem oder kaltem Zwetschkenröster und mit weiteren Bröseln und Staubzucker bestreut anrichten.

Besoffene Kapuziner

Der Ordensmann und seine Kapuze sind häufige Namensgeber für Rezepttitel: ob Kapuziner als doppelter Mokka mit Schlagobershaube, Kapuzinerstrudel – ein süßer Germteigstrudel – oder eben der besoffene Kapuziner, der auch unter den Namen »Durstige Nonne«, »B’soffener Hansl« oder »B’soffene Liesl« bekannt ist und ein Bad in einem würzigen Sud aus Wein, Most oder Apfelsaft nehmen darf.

Besoffene Kapuziner - Rezept für 6 Küchlein

Den Backofen auf 175 °C Ober-/Unterhitze vorheizen.

FÜR DEN TEIG die Butter bei mittlerer Hitze schmelzen. Sechs Mini-Gugelhupfformen (Ø etwa 6 cm) mit etwas flüssiger Butter auspinseln.

Die Vanilleschote längs halbieren und das Mark mit einem kleinen, scharfen Messer auskratzen. Die Schote zur Seite legen. Eier, Staubzucker, Vanillemark, Salz und Zimt sowie Zitronen-schale in einer Metallschüssel über heißem Wasserdampf mit einem Schneebesen schaumig aufschlagen. Dann über einem eiskalten Wasserbad (dazu eine Schüssel mit Eiswürfeln und Wasser füllen) kalt rühren.

Mehl, Nüsse und Semmelbrösel unterheben. Zum Schluss die flüssige, nun abgekühlte Butter und die Milch unterheben. Den Teig bis 1 cm unter den Rand in die Förmchen füllen. Auf mitt-lerer Schiene 20–25 Minuten backen (Stäbchenprobe).

WÄHRENDDESSEN FÜR DEN SUD den Wein mit Staubzucker, Zitro-nenschale, Zimtstange, der für den Teig ausgekratzten Vanille-schote, Nelke und Sternanis in einem Topf erhitzen und etwa 20 Minuten bei sehr schwacher Hitze ziehen lassen. Die Gugelhupfe aus dem Ofen nehmen, etwa 10 Minuten ab-kühlen lassen, dann stürzen. In tiefe Schälchen geben und mit reichlich Sud übergießen. Nach Belieben etwas ziehen lassen.

ZUM SERVIEREN das Schlagobers mit dem Zucker cremig auf-schlagen und die Besoffenen Kapuziner damit garnieren.

Kaiserschmarren

Ob der Kaiserschmarren entstand, weil Kaiser Franz Joseph I. während eines Jagdausfluges im Salzkammergut einen Holzfällerschmarren mit besonders guten Zutaten serviert bekam, oder ob der Kaiserschmarren anlässlich der Hochzeit von Kaiser Franz Joseph I. mit Elisabeth (Sisi) kreiert wurde, für die der Leibkoch des Kaisers ein leichtes, süßes Gericht kreieren wollte, der feine Teig jedoch beim Anrichten zerriss und dennoch als »Kaiserinschmarren« aufgetragen wurde (den der Kaiser dann umbenennen ließ, weil ihm das Gericht so gut schmeckte) – oder ob doch alles ein Schmarren ist, wird wohl, wie viele andere Legenden, ein Geheimnis bleiben.

Kaiserschmarren - Rezept für 4 Portionen

FÜR DEN TEIG die Rosinen mit dem Rum vermischen und am besten über Nacht bzw. mindestens 2 Stunden ziehen lassen.

Den Backofen auf 200 °C Ober-/Unterhitze vorheizen.

Die Eier trennen. Mehl, Milch, Vanillezucker und Salz in einer Schüssel mit einem Schneebesen glatt rühren. Danach die Dotter einrühren und noch einmal glatt rühren. Eiklar mit 50 g Zucker in einer fettfreien Schüssel zu cremig-steifem Schnee schlagen und behutsam unter den Teig heben.

Die Rosinen abtropfen lassen, dabei eventuell etwas ausdrücken. Die Butter in einer großen, ofenfesten Pfanne oder einem flachen Bräter erhitzen, den Teig eingießen und mit den Rumrosinen bestreuen. Auf unterster Schiene 8–10 Minuten backen.

Den Kaiserschmarren mit einem Pfannenwender vierteln, jedes Viertel wenden und etwa 3 Minuten fertig backen. Mit zwei Gabeln in ungleichmäßige Stücke zerreißen, mit dem restlichen Zucker (30 g) bestreuen und im Backofen oder auf dem Herd karamellisieren lassen. Den Kaiserschmarren anrichten und mit Staubzucker bestreut servieren.

TIPP Dazu passen Apfelmus und/oder Zwetschkenröster ganz wunderbar.

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