
Andreas Winkelmann
Wir sprachen mit dem Bestseller-Autoren und Thrillerprofi Andreas Winkelmann, der, wenn er nicht gerade in menschliche Abgründe abtaucht, zu Fuß die Alpen überquert, am Polarkreis wandert oder mit Pfeil und Bogen in der Wildnis Kanadas jagt. »Grenzerfahrungen erweitern den Horizont«, findet er.
In Ihrem neuen Thriller »Kein Wort zu viel« muss Buchbloggerin Faja zur Rettung ihres Kollegen eine spannende Geschichte erzählen – mit nur 5 Wörtern! Wie würden Sie diese
Challenge lösen?
Die Inspiration zu der Grundidee meines neuen Buches stammt von Ernest Hemingway, über den man erzählt, er hätte eine Wette gewonnen, indem er eine Geschichte aus nur sechs Worten erzählte. Angeblich schrieb er: »For sale. Baby shoes. Never worn.«
Ich würde mich für diese Challenge an Hemingway orientieren und zwischen meinen Worten so viel Spielraum für die Kreativität der Menschen lassen, dass sich in deren Köpfen eine Geschichte daraus entwickelt.
Jogging-Apps, Challenges aus den sozialen Medien, Vermittlungs-Apps für Fahrtdienste, Podcasts – dank Ihnen fühlen wir uns in der heutigen Welt vor nichts mehr sicher. Wie geht es Ihnen denn mit diesen Horrorszenarien im echten Leben? Verfolgen Ihre Geschichten Sie in Ihre Träume, in Ihr Privatleben?
Ich habe das große Glück eines gesunden Schlafs. Ganz ehrlich: Egal, wie finster meine Fantasie tagsüber auch ist, nachts schlafe ich friedlich wie ein Baby. Sonst könnte ich diesen Beruf vielleicht gar nicht so lange ausüben. Allerdings mache ich mir schon auch Gedanken über all diese Neuerungen in unserem Alltag, und welche Gefahren damit einhergehen.
Was fasziniert Sie an Serienmördern, an
Psychopathen?
Es sind gar nicht so sehr die Serienmörder oder Psychopathen, die mich interessieren. Ich schreibe ja nicht über das Böse, ich schreibe über Menschen. Wozu wir fähig sind, was wir einander antun können, welche Kraft wir entwickeln, um das Gute gewinnen zu lassen. Darin ist das Böse nur der nötige Antagonist, an dem meine Helden sich abarbeiten können. Dieser zwischenmenschliche Reibungsraum fasziniert mich, weil er unsere Persönlichkeit sprengt, uns verändert, positiv wie negativ.
Wie erholen Sie sich von einem Thriller, wenn Sie ihn zu Ende geschrieben haben?
Dann gehe ich in die Natur. Mache alles, was man draußen so machen kann. Auf hohe Berge steigen, in Schluchten klettern, Kajakfahren, mit dem Rad 6.000 km durch Skandinavien fahren, über die Alpen wandern. Das erdet mich und füllt die Kreativitätsspeicher wieder auf.
Wo holen Sie sich die Inspirationen für die Plots?
Aus der Realität. Ich gehe mit offenen Augen und Ohren durchs Leben, sauge alles in mich auf. Ob ich Gespräche führe oder belausche, Menschen beobachte, Zeitungen lese, Filme schaue, online gehe, ich finde überall Kleinigkeiten, die sich in meiner Fantasie weiterentwickeln.
Wissen Sie noch, welcher Krimi der erste war, den Sie gelesen haben? Gibt es Vorbilder unter den Thrillerautoren?
Mein erster Krimi war eine Sherlock-Holmes-Geschichte, ich kann mich allerdings nicht an den Titel erinnern. Und wenn ich selbst Krimis und Thriller lese, mag ich Val McDermid (siehe Seite 21), Andreas Eschbach, John Connolly, James Herbert, Simon Beckett und viele andere.
Und seit wann wollten Sie selbst einen schreiben? War Krimiautor schon immer Ihr Traumberuf?
Als ich vierzehn Jahre alt war, unternahm ich die ersten Schreibversuche, und seitdem war es mein Traum, Schriftsteller zu werden. Diesen Traum wahr werden zu lassen hat lange gedauert, aber ich bin immer am Ball geblieben.
Welches Buch hat Sie zuletzt überrascht und begeistert?
»Acht Berge« von Paolo Cognetti. Ich war total überrascht, wie stark ich mich in diesem Text wiederfand, und begeistert von der Sprache, der Kraft, den Emotionen, die es
ausgelöst hat.
Wo kaufen Sie Ihre Bücher? Haben Sie eine lokale Lieblingsbuchhandlung?
Ich kaufe meine Bücher gern in Buchläden. Und das tue ich meistens, wenn ich unterwegs bin. Auf Lesereisen komme ich ja in viele verschiedene Buchläden, viele davon eBuch-Mitglieder, und meistens nicht ohne Buch wieder heraus. So ist das eben, wenn man süchtig ist nach Büchern.
Nicht ein Wort zu viel
Andreas Winkelmann
Rowohlt Taschenbuch
kartoniert, 400 Seiten
3499007525
€ 12,-